Die Reh-Brunft, auch Blattzeit genannt, weil man früher den brünftigen Bock durch Töne gelockt hat, die man mithilfe eines Blattes erzeugte, findet in Deutschland im Schnitt in der letzten Juli- und der ersten Augustwoche statt. Dies kann, je nach Wetter- bzw. Höhenlage, natürlich variieren. Die Blattjagd, also das Locken des Rehbocks in dieser Zeit, ist eine der spannendsten Jagdarten überhaupt, muss man sich doch in der hohen Kunst des Täuschens und Überlistens sehr gut auskennen. Im Gegensatz zu früher, als tatsächlich noch ein Laubbaum-Blatt benutzt wurde, um die Locktöne zu produzieren, kann der Jäger heute auf eine Vielzahl von Lockinstrumenten zurückgreifen, von Mundblasgeräten bis hin zu manuell benutzbaren Gummibällen ist im Fachhandel alles erhältlich. Aber das naturgenaue Nachahmen der Laute allein macht noch keinen guten Blattjäger aus. Neben dem richtigen Ton braucht man auch ein fundiertes Wissen über seinen Rehwildbestand und besonders das Geschlechterverhältnis, die Einstände des Wildes und das Verhalten der Böcke in dieser Zeit. Alles muss zusammenpassen, um bei der Blattjagd erfolgreich zu sein.
Das Drumherum bei der Blattjagd
Eine gute Vorbereitung auf die Blattzeit ist das A und O. Diese sollte bereits im Frühjahr beginnen, indem man die Einstände der Böcke erkundet und auch schon an einem vielversprechenden Platz einen Schirm oder Ansitz baut, den Weg dorthin frei schneidet oder sauber hält, sodass man ihn bei Bedarf absolut geräuschfrei und so wenig störend wie eben möglich erreichen kann. Grundsätzlich ist es dabei immer einfacher, einen Bock vom Hellen ins Dunkle (also vom Feld in den Wald) zu locken als umgekehrt. Ist die Zeit der Blattjagd gekommen, kann man, wenn man viel in seinem Revier unterwegs ist, die Böcke die Ricken treiben sehen. Das ist allerdings nicht ganz korrekt, denn nicht der Bock treibt die Ricke vor sich her, vielmehr zieht die Ricke den Bock hinter sich her. Das Wetter hat dabei einen sehr geringen Einfluss auf den Beginn der Blattzeit, vielmehr ist es der Eisprung der Ricke, der - 67 Tage nach dem Setzen des letzten Kitzes - die Brunft einläutet.
Die drei Phasen der Blattzeit
Grob kann man den Ablauf der Blattzeit in drei Phasen, Vorbrunft, Hochbrunft und Nachbrunft einteilen. Während man in der eigentlichen Hochbrunft kaum Aussichten auf Lockerfolg hat, da der Bock intensiv mit den "echten" Ricken zu tun hat, sind Vor- und Nachbrunft sehr vielversprechend. Vor der Hochbrunft stehen eher jüngere Böcke zu, die hoffen, eine Ricke "abgreifen" zu können, bevor der territoriale Hauptbock dies bemerkt und sie vertreibt. In der Nachbrunft hingegen steht auch der alte Hauptbock zu, da (im Idealfall) alle Ricken beschlagen sind, der Bock aber noch auf der Suche ist. Dies alles hängt aber auch stark von dem Geschlechterverhältnis ab. Kommen im Revier auf einen Bock überspitzt gesagt 20 Ricken, wird man keinen Lockerfolg haben. Bei einem Geschlechterverhältnis aber von 1:3 oder noch ausgeglichener, hat man hingegen gute Chancen, den Bock von seinen Damen wegzulocken. Besonders erfolgsversprechend sind warme, schwüle Vormittage, idealerweise, wenn sich direkt nach einem Gewitter die Sonne wieder zeigt.
Welche Locktöne zu welcher Zeit?
Während man bei der Brunftjagd auf das Rotwild die Stimme des männlichen Konkurrenten zu imitieren versucht, wird bei der Blattzeit der Bock mithilfe der Lautäußerungen des weiblichen Stückes, der Ricke, gelockt. Dies setzt voraus, dass der Jäger die verschiedenen Lautäußerungen der Ricke kennt und auch nachahmen kann. Diese sind im Einzelnen der normale Fieplaut, der nichts anderes bedeutet als "Ich bin ein Reh und ich bin hier". Der Rickenfiep hingegen signalisiert dem Bock, dass ein weibliches Stück auf der Suche nach einem Bock ist. Der Sprengfiep wird von der Ricke abgegeben, wenn sie von einem Bock bedrängt wird. Dies kann sich der territoriale Bock natürlich nicht gefallen lassen. In dieser Reihenfolge werden die Locktöne dann bei der praktischen Lockjagd hintereinander angerufen. Wenn die drei vorangegangenen Laute nicht funktionieren, kann man noch den Kitzfiep nachahmen. Dieser veranlasst dann die Ricke nachzusehen, was da vor sich geht, und mit etwas Glück zieht ihr der Bock hinterher.
So sieht das Locken in der Praxis aus
Wenn man weiß, dass die Brunft begonnen hat, bezieht man seinen Stand, lässt dann aber erst einmal Ruhe einkehren. Absolut störungsfrei kann man seinen Schirm oder Sitz nämlich kaum erreichen. Wenn sich auch der letzte Eichelhäher wieder beruhigt hat, kann man mit dem Locken beginnen. Wie im vorangegangenen Abschnitt bereits erwähnt, lockt man in der Reihenfolge: Hierzu werden meist drei Rufserien à etwa 4-8 Locktönen gespielt, jeweils in einem Abstand von 1,5 bis 3 Minuten zueinander. Zwischen den Serien der verschiedenen Locklaute sollte man eine Pause von mindestens 15 Minuten einlegen, um einem zustehenden Bock auch die Zeit zu geben, sich zu nähern. Übung macht den Meister und es schadet nicht, in der jagdfreien Zeit einmal seinen Locker zur Hand zu nehmen und zu üben, bis man fit für die Blattjagd ist.