Noch vor nicht allzu langer Zeit wurden Gewehre, die jagdlich geführt wurden, "offen" geschossen, was bedeutet, dass der Schütze seine Beute über Kimme und Korn anvisiert hat. Auch wenn dies in einigen wenigen jagdlichen Bereichen so geblieben ist, zum Beispiel schießen Berufsjäger in Afrika ihre großwildkalibrigen Waffen immer noch mehrheitlich über Kimme und Korn, so hat die Einführung des Zielfernrohrs die Jagd zweifelsfrei revolutioniert. Als Erfinder des ersten brauchbaren Zielfernrohres gilt der preußische Forstverwalter August Fiedler aus Stonsdorf/Riesengebirge, welcher 1884 ein selbstgefertigtes Zielfernrohr auf einer 11-mm-Jagdbüchse führte. Seine Erfindung war damals nicht unumstritten, beklagten Kritiker doch damals, ähnlich wie heute die Kritiker von Nachtsichttechnik und Wärmebildgeräten, den Untergang der abendländischen Jagdethik. Den Siegeszug des Zielfernrohr konnte das nicht aufhalten und heute käme niemand mehr auf die Idee, die Verwendung von Zielfernrohren bei der Jagd als unwaidmännisch zu bezeichnen. Im Gegenteil lässt sich mit einem Zielfernrohr besser ansprechen und genauer und sicherer schießen.
Aufbau und Form des Zielfernrohres
Zielfernrohre für die Jagd sind, von kleineren Modifikationen einmal abgesehen, mehr oder weniger gleich aufgebaut. Durch das Objektiv fällt das Licht ein, ein Umkehrlinsen- oder Umkehrprismensystem richtet das Bild auf. Es folgen ein Absehen, das zur Justierung nach oben und unten sowie zu den Seiten verstellbar ist und ein Okular zur Betrachtung des Bildes und zur Scharfeinstellung auf der Bildebene. Umschlossen wird das Ganze von einem röhrenförmigen Tubus, welcher alle vorgenannten Elemente aufnimmt und das Zielfernrohr vor Witterungseinflüssen, Wasser, Staub und mechanischer Einwirkung schützt und der eine Montage zur reproduzierbaren Ausrichtung gegenüber der Schusswaffe verfügt.
Kennzahlen und Absehen von Zielfernrohren
Wie auch beim Fernglas werden beim Zielfernrohr zwei Kenngrößen verwendet, um die technischen Daten weitestgehend zu beschreiben. Das ist zum einen die Vergrößerung und zum anderen der Durchmesser des Objektivs. Hieraus lassen sich allerlei technische Details wie die Lichtstärke, die Dämmerungszahl, das Sehfeld und die Austrittspupille berechnen. Wurden in den Anfängen häufig Zielfernrohre mit einer festen Vergrößerung für die Jagd verwendet, ist es heute eher üblich, variable Vergrößerungen zu wählen. Ob 1 - 6-fach, 3 – 15-fach oder gar 5 – 25-fach, den Kombinationsmöglichkeiten sind nur wenig physikalische Grenzen gesetzt. Wichtig ist das Absehen, im Volksmund auch Fadenkreuz genannt. Auch hier gibt es unübersichtlich viele Varianten, vom einfachen Punkt bis hin zum sehr militärisch-taktisch angehauchten Absehen. Ob das Absehen auf der ersten oder zweiten Bildebene liegt, entscheidet darüber, ob es sich beim Heranzoomen mit dem Bild mitvergrößert oder unverändert bleibt. Beides, sowohl das Absehen selbst als auch seine Lage auf der Bildebene, hat Vor- und Nachteile. Die Wahl der Zielfernrohre mit ihren vielfältigen Kennzahlen und dem individuellen Absehen ist meist von den persönlichen Vorlieben des Jägers abhängig.
Welches Zielfernrohr Glas für welche Jagdart?
Welches Glas ein Jäger beim Zielfernrohr im Einsatz hat, hängt mit dem Einsatzbereich zusammen. Drückjagdgläser weisen meist eine kleine Vergrößerung auf und sind nicht besonders lichtstark (wie etwa Gläser in der Größenordnung 1-6 x 24, 1,2-8 x 40). Da hohe Vergrößerungen und große Objektivdurchmesser immer größere Abmessungen und höheres Gewicht des Zielfernrohres verursachen, werden auf der Pirsch meistens leichte Gläser in der Range 2 - 10 x 50 oder 3-12 x 42 verwendet, da diese auch über längere Zeit tragbar sind und die Waffe nicht in eine Langhantel verwandeln. Die früher viel verwendeten Ansitzgläser im Objektivdurchmesser 56 mm verschwinden langsam vom Markt, da durch den Einzug von Wärmebild- oder Nachtsichtgeräten in den jagdlichen Alltag lichtstarke, aber klobige Zielfernrohre nicht mehr vonnöten sind. Qualitativ kann man sagen, dass bis zu einem bestimmten Punkt die Regel gilt, dass ein teures Glas auch automatisch ein gutes Glas ist. Dies hängt mit der sehr zeit- und kostenintensiven Herstellung von qualitativ hochwertigen Linsen zusammen. Ab einem bestimmten Preis zahlt man aber auch für den Namen des Herstellers mit.